Nichts bleibt, wie es war

Das Einzige, worauf man sich wirklich verlassen kann, ist, dass sich alles verändert. Manchmal ganz langsam und manchmal ganz schnell. 


Es war jetzt ein paar Tage sehr heiß. In unserer Dachwohnung hing das Thermometer bei 30 Grad fest. Normale Menschen denken in dieser Situation wahrscheinlich nicht an die bevorstehende Heizperiode und das knappe Brennmaterial. Nicht so unser Kind: Er setzt beherzt die Säge an die Wohnzimmermöbel. Aber auch ich habe vorgesorgt und an den warmen Tagen die Hitze auf leere Weißbierflaschen gezogen, die ich freilich vorher gut gekühlt leer trinken muss. Wenn jetzt im Winter wirklich die Heizung ausgehen sollte, können wir uns erstmal eine Flasche Sommerhitze aufmachen, bevor wir anfangen, unser Wohnzimmer zu verheizen. Während ich das aufschreibe, hat sich mein Sohn ans Telefon gehängt und allen Bescheid gesagt, dass wir heute nachmittag keine Zeit haben. Wir hätten zu tun: mit der Säge, mit dem Hammer, mit den Schalthebeln und der Motorsense, mit der Weiche und dem Radlader, mit der schwarzen Dampflock und mit den Pferden, dem Hund und der Katze. Der Papi macht schon wieder Computer. Danke, schönes Wochenende. 

Danach macht er sich an die Adventsdeko. Der Tannenbaum wird auch schon mal aufgebaut. So habe ich mir das immer vorgestellt: Wozu hat man schließlich Kinder? Klar hat man, solange sie klein sind, alle Hände voll zu tun, aber dann ist Zahltag und man hat fleißige Helfer, die dem elterlichen Vorbild folgend, unermüdlich zum Wohle der kleinen Gemeinschaft wirken. Um der Leserin und dem Leser ein möglichst zutreffendes Bild derselben zu vermitteln, muss ich ehrlicherweise erwähnen, dass bislang noch die Frau, die mich liebt, als einzige in unserem Projekt ergebnisorientiert arbeitet. Bei ihr kommt immer irgend etwas Brauchbares heraus, während es bei uns Männern eher um den Prozess geht. 

Inzwischen ist es wieder vergleichsweise kalt. Wir sitzen schon mal alle zusammen unter dem Tannenbaum und freuen uns auf unseren Sommerurlaub in zwei Wochen. Es geht auf die Sonneninsel in der Ostsee. Unser Sohn kennt unser Meer noch nicht und er kennt auch noch keine Quallen. Wir sind gespannt, wie beides bei ihm ankommt. Bisher hat er sich noch nicht als Badefreund zu erkennen gegeben, aber das kann sich ganz schnell wieder ändern. Denn nichts bleibt, wie es war. 

Veröffentlicht in Elternzeit am 07.08.2022 10:59 Uhr.

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copyright: liedersaenger 2023

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