Pacta sunt servanda

Die Schönheit einer Frage oder die eines Problems im eigentlichen Sinne wird durch seine Lösung zerstört und zunichte gemacht. Lasst also die Fragen in Ruhe und vor allem: Verschont uns mit den Antworten! 


Die Welt lechzt nach Nachrichten. Nachrichten waren und sind der Pulsschlag des Lebens. Nachrichten sind die Goldkörnchen im Treibsand der Information, mithin die Währung der Informationsgesellschaft. Wird der Gashahn zugedreht, frieren wir vielleicht. Wenn kein Strom mehr fließt, sitzen wir im Dunkeln und können nichts mehr einkaufen. Aber wenn die Nachrichten versiegen, sind wir alle verloren. Allerdings kann hier erst mal Entwarnung gegeben werden. Es sieht nicht danach aus, als würde sich alsbald eine Nachrichtenmangellage einstellen. Wir müssten also nicht auch noch selbst Nachrichten produzieren, wobei sofort die Frage aufploppt, was eine Information (Treibsand) denn eigentlich zur Nachricht (Goldkörnchen) werden lässt. Zum Glück muss man nicht jede Frage beantworten. Die Schönheit einer Frage oder die eines Problems im eigentlichen Sinne wird durch seine Lösung zerstört und zunichte gemacht. Lasst also die Fragen in Ruhe und vor allem: Verschont uns mit den Antworten! 

Kleine Kinderfragen sind die Königinnen unter den Fragen. Man muss sie herausarbeiten und dann kann man sie noch mit Zucker bestreuen, wenn man welchen hat. Dann auf keinen Fall beantworten, sondern stehen lassen. Bei uns stehen inzwischen so viele unbeantwortete Kinderfragen herum, dass man nicht mehr treten kann. Aber so ist das eben, wenn man kleine Kinder hat. Das muss man genießen. Sie werden schließlich viel zu schnell groß. Das klingt jetzt vielleicht, als hätte ich die Weisheit mit Löffeln gefressen. Gut raten ist aber eine Sache, selbst danach handeln ist eine andere. Ich selbst bin nun wirklich der Letzte, der eine Frage unbeantwortet lassen könnte. Ich kann vielmehr Fragen beantworten, die gar keiner gestellt hat und die auch nie jemand stellen wird. 

„Warum muss der Papi zur Arbeit fahren?“ ist so eine klassische Kinderfrage, die man mit Zucker bestreuen und der Gesellschaft, die die armen Kinder ihrer Väter beraubt wie einen Spiegel vorhalten müsste. Sie könnte so ihre entstellte Fratze der Gewalt vielleicht erkennen und erschrocken einlenken. Stattdessen hatte ich natürlich sofort die Antwort parat, die ich mir selbst als Mantra aufsage, wenn ich mich noch vor Morgengrauen hohl hustend zum Frondienst schleppe: Weil ich einen Vertrag habe und weil Verträge einzuhalten sind. Mit einem Schlag schwindet so alle Hoffnung, die in der Frage noch als Fünkchen glomm. Und so werde ich mich weiter durch die Dunkelheit schleppen, bis ich die unselige Antwort wieder vergessen habe und die Frage wieder in mir zu leuchten beginnt: Warum muss der Papi zur Arbeit fahren?

Veröffentlicht in Arbeit, Elternzeit am 20.11.2022 16:21 Uhr.

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