Das war noch Fernsehen!

Der Altjahrsabend hat viele gesundheitsgefährdende Eigenschaften und sollte einen entsprechenden Warnhinweis bekommen. Nicht zu unterschätzen: Das Fernsehprogramm. 


Dieses Jahr muss vieles anders werden. Das steht schon mal fest. So kann es nicht weitergehen. Die Leser wollen mehr Lametta und das heißt schließlich auch Nägel mit Köpfen oder Butter bei die Fische. Das Kind muss beim Namen genannt werden. Man kann auch gerne von hinten anfangen. Was soll Ende 2023 anders gewesen sein, als 2022? Silvester zum Beispiel. Silvester heißt ja so, weil der 31.12. der Sterbetag von Silvester I. war. Silvester I. war bis zu seinem Tode 335 Bischof von Rom und damit sozusagen Papst. Nun ist der greise Joseph Ratzinger auch am 31.12. gestorben und der war schließlich als Benedikt XVI. auch mal Papst. Vielleicht feiern wir 2023 statt Silvester ja schon Benedikt!

Was uns selbst betrifft wollten wir jedenfalls schon im gerade vergangenen Jahr auf die ganze Feierei verzichten und früh schlafen gehen, sind aber dann nicht rechtzeitig von der Couch hochgekommen. Das lag übrigens nicht am Fernsehprogramm. Am Tag vor Silvester wollte ich mir die Quizz-Show im Ersten anschauen, um mit einer Fernsehkritik, die sich gewaschen hat, meinen Beitrag zur Rettung des Abendlandes zu leisten. Ich saß auch nahezu rechtzeitig angeschnallt auf der Couch und meine Frau reichte mir entsprechende Getränke. Die Kandidaten Jauch, Schöneberger, Silbereisen und Liefers saßen noch brav hinter ihren Pulten und Herr Jauch brillierte durch eine grandiose Null auf seinem Punkte/Euro-Bildschirm. Frau Schöneberger konnte auch keine Frage richtig beantworten, erzählte aber einen Schwank vom Neun-Euro-Ticket und bekam 500 Euro geschenkt. Aber dann mussten sich alle Wurm-Kostüme anziehen, weil Heidi Klum das auch mal gemacht hatte und mit zusammengebundenen Füßen bis zu einem Apfel hüpfen, aus dem sie dann Fleisch (!) herausbeißen sollten. Frau Schöneberger fiel gleich um und konnte vor Lachen nicht weiter. Dafür bekam sie am Ende wieder 500 Euro geschenkt. Ich konnte nicht fassen, was ich sah und bekam Schnappatmung und Herzkammerflimmern. 

Zum Glück fiel an dieser Stelle das Signal aus, weil Sturm war und ein dicker Ast in unsere Satellitenschüssel gefallen war. Geistesgegenwärtig riss meine Frau den heißen Vugelbeerpunsch vom Herd, um mich zu reanimieren. Darum konnten wir uns am Tag danach nicht gleich wieder dem real existierenden deutschen Fernsehen aussetzen und guckten „Ein Herz und eine Seele“ aus der Zeitmaschine. „Das ist Punsch, du dusselige Kuh!“ schrie Alfred. „Das war noch Fernsehen!“, sagte ich zu meiner etwas jüngeren Frau und erzählte ihr noch eine Stunde lang von Tele-Lotto, Sesamstraße, Außenseiter-Spitzenreiter und Hitparade. Dann war es zu spät, um noch vor Mitternacht ins Bett zu kommen. Na dann: Frohes Neues Jahr! 

Veröffentlicht am 01.01.2023 17:29 Uhr.

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