Baum_Sonne

Nachrichten vom liedersaenger

Das Deutschlandticket, Regierende Bürgermeister und ChatGPT

Manchmal ist man einfach wie vernagelt und findet die Antworten auf die einfachsten Fragen nicht. 


Wenn sehr kleine Kinder weinen, heißt es immer im Brustton Überzeugung: Das ist der Bauch. Dabei hat ja wohl noch kein Baby weinend auf seinen Bauch gezeigt, oder? Es könnte ihm sonst was weh tun, aber alle glauben zu wissen, dass es der Bauch ist. Vielleicht hat das arme Kind ja aber auch ganz furchtbare Wadenschmerzen. Dann hilft es natürlich gar nichts, wenn man ihm ein warmes Kirschkernkissen auf den Bauch packt. Vielmehr könnten Wadenwickel ein bisschen Erleichterung oder gar Abhilfe schaffen. Aber es muss ja unbedingt der Bauch sein, darauf hat man sich nun mal festgelegt. Mein alter Freund Axel ist seinerzeit auch auf diesen Zug aufgesprungen und hat sein berüchtigtes Fahrradschlauch-Theorem formuliert, das ungefähr besagt, das frühkindliche Gedärm gleiche einem neuen Fahrradschlauch, dem das Aufpumpen auch weh tun würde, könnte er nur irgendetwas empfinden. Als wir diese Ideen zwischen Guiness und Kilkenny in einem Weddinger Pub diskutierten, war Eberhard Diepgen Regierender Bürgermeister in Berlin und die BVG-Umweltkarte kostete im Ostteil der Stadt fünfzehn D-Mark. Das ist alles lange her. 

Um den Betrag zu maximieren, den man mit dem Deutschlandticket einspart, hatte der Verkehrsverbund Mittelsachsen für April nochmal eine Preiserhöhung von schlapp 20 Euro auf 204 Euro für sein Abo-Ticket aufgerufen. Mir wurde geraten, zu widersprechen und die Erhöhung nicht zu zahlen. Ich wäre schön blöd gewesen, denn jetzt spare ich seit Mai 155 Euro. Das wären mehr als acht Kisten Hefeweizen jeden Monat. Wie man also sieht, geht es uns keineswegs schlechter, sondern viel besser als jemals zuvor. Es ist aber ein Naturgesetz, dass die Klage über das allgemeine Unglück um so größer ist, je besser es einem geht. Je größer der Wohlstand, desto schlechter die Stimmung. Wer sein Brot am Abend im Schweiße seines Angesichts essen kann, ist glücklicher, als einer, der zum Mittag, gerade aufgestanden, im Nobelrestaurant sitzt und am Menü verzweifelt.

Inzwischen ist das kleine Kind endlich eingeschlafen und seine liebe Mutter auch. Was könnte man jetzt alles machen? Wir fragen ChatGPT: 
„Es gibt viele Dinge, die man tun kann, wenn ein weinendes Baby eingeschlafen ist und seine Mutter auch. Hier sind einige Vorschläge:
  1. Entspannen Sie sich und genießen Sie die Ruhe. Wenn Sie gestresst oder erschöpft sind, kann es hilfreich sein, einfach still zu sitzen und zu entspannen.
  2. Erledigen Sie einige Aufgaben im Haushalt. Wenn das Baby schläft, haben Sie Zeit, um die Wäsche zu waschen, das Geschirr abzuwaschen oder den Boden zu fegen.
  3. Schreiben Sie ein Tagebuch oder machen Sie Notizen zu Dingen, die Sie beschäftigen oder die Sie erledigen müssen.
  4. Gönnen Sie sich eine Tasse Tee oder Kaffee und genießen Sie die Stille.“
Ich entscheide mich selbstverständlich für Vorschlag Nummer 2. Hätte ich aber wirklich auch selbst drauf kommen können!

Veröffentlicht in Elternzeit am 06.05.2023 13:46 Uhr.

Nicht stehenbleiben!

Mütter leisten Unglaubliches und Väter können ihnen nicht wirklich dabei helfen. Aber sie können es immerhin versuchen. 


Ja, ich weiß: meine Leserinnen und Leser möchten diesen Text am Sonntag zum Frühstück genießen. Das liegt im Moment jedoch nicht im Bereich des zeitlich Machbaren. Das Leben hat in einer Weise Fahrt aufgenommen, dass ich ständig in Bewegung bleiben muss, um einigermaßen Schritt zu halten. Man muss sich eben auf das Wesentliche beschränken. So, wie mir mein Sohn Sandmann-Geschichten vorliest: „Möchtest du den Montag hören?“ „Ja, unbedingt! Bitte!“ „Heute ist Montag. So, das war's schon.“ Gerade stellen wir uns vor wie es wird, wenn das Kind in die Schule kommt. Der Lehrer fragt: „Vor dem Haus stehen zwei Kastanienbäume. An jedem Baum hängen vier Kastanien. Wie alt ist der Opa?“  

Wir geben die Aufgabe bei ChatGPT ein. Die Antwort lautet: „Die Anzahl der Kastanien an den Bäumen und das Alter des Opas sind zwei völlig unabhängige Informationen und haben keine direkte Beziehung zueinander. Daher kann die Frage nach dem Alter des Opas nicht anhand der gegebenen Informationen beantwortet werden.“ Ganz schön frech, oder? Ich weiß nicht, ob sich ein Kind trauen würde, so eine Antwort zu geben. Auch mir wäre diese Antwort nicht eingefallen, obwohl ich mir die Aufgabe ausgedacht habe. Trotzdem sollte die höchste Punktzahl denjenigen vorbehalten bleiben, die es fertig bringen, sich ihres Verstandes ohne die Führung oder Leitung einer Maschine zu bedienen. Wer den Chat-Joker zieht, büßt eben Punkte ein oder man hat nur eine begrenzte Anzahl Joker im Schuljahr. 

Die kleine Schwester muss sich darum aber noch keine Gedanken machen. Die beiden sind aber auch wie Latsch und Bommel. Es wird gekuschelt und keiner will schlafen, ohne dem anderen Gute Nacht gesagt zu haben. Das würde sich schlagartig ändern, wenn die Kleine anfängt zu laufen, heißt es. Noch laufe ich. Im Regen, bei Hagel oder Sonnenschein. Bleibe ich stehen, wird sie laut. Also fahre ich weiter und weiter und diktiere dabei in meine Armbanduhr. Aber auch damit muss ich jetzt aufhören, denn sobald ich damit anfange, gehen die Augen auf.  Vielleicht siehst du mich ja mal auf deinem Weg oder vor deinem Fenster. Ich bin der schweigende müde Mann mit dem Kinderwagen und ich fahre weiter und weiter. Und weiter. Und immer weiter. 

Bildnachweis: Photoleap

Veröffentlicht in Elternzeit am 16.04.2023 12:18 Uhr.

Es ist herrlich!

Nach mehr als einem halben Leben als Alleinlebender Kinderloser kann ich es sagen: Ein Leben ohne Kinder ist möglich. Aber sinnlos.*


Der Frühling hat  in diesem Jahr ein bisschen verschlafen. Er hat noch geträumt und zwar von einem kleinen Mädchen, das sich zu uns auf den Weg gemacht hatte. Sie war auch länger unterwegs, als zunächst gedacht. Aber dann kam sie doch noch und zog bei uns ein. So will es der Frühling jetzt auch machen und nachdem gestern der Winter dachte, er könne einfach zurückkommen und noch eine Weile dableiben, musste er heute mit eingezogenem Schwanz das Feld räumen. 

Seit das kleine Mädchen endlich bei uns ist, wird auch unsere ganz schön eingespielte Dreieinigkeit wieder durcheinander gewürfelt, dann aus ihr soll nun eine Vierfalt werden. Dass das gelingt, bezweifeln wir keine Sekunde, genießen aber noch eine zeitlang das Chaos, in das uns unser lieber neuer Mensch zunächst gestürzt hat. Was ich schon immer geweissagt habe, bestätigt sich jetzt auf eindrückliche Weise: Verdoppelt man die Probleme,  halbieren sich die Sorgen! 

Man muss freilich Abstriche machen und Prioritäten setzen. Nehmen wir zum Beispiel das Ausschlafen. Das können wir wahrscheinlich endgültig abhaken, wobei ich gegenüber meiner wunderbaren und immer schöner werdenden Geliebten den Vorteil genieße, dass ich mich dreißig Jahre lang ausschlafen konnte. Jedes Wochenende konnte ich schlafen, bis ich von selbst aufwachte. Dass das in den letzten zehn Jahren auch immer vor 6:00 Uhr früh passierte - geschenkt! Auch in den anderen Lebensbereichen werden wir pragmatischer: Körperhygiene, Kleidung, Einkaufen, Essen wird auf das Notwendigste beschränkt und mit mehrfacher Beschleunigung durchgeführt. Fernsehen und DVD gucken erschöpft sich derzeit mit Sandmännchen und dem Kleinen Maulwurf. Und wisst ihr was? Es ist herrlich! 

*Vorausgesetzt, man wird von der (einzig)richtigen Frau gefunden.

Bildnachweis: Ulf × DALL·E Human & AI

Veröffentlicht in Elternzeit am 16.03.2023 14:55 Uhr.

Willkommen

"Scheint auch der Kampf für uns verloren und auch die Welt kein bess'rer Ort, leben in denen, die uns nachgeboren und jung sind uns're Träume fort." Hannes Wader


Wenn man in seiner Bahn Platz nimmt und genau in dem Augenblick, in dem es zu spät ist woanders hinzugehen realisiert, dass auf dem Sitz vor einem telefoniert wird, ist das schon eine wenig mutmachende Erfahrung. Wenn es sich aber bei dem Telefonat um einen Video-Chat handelt und man sich ständig ein bisschen wegducken muss, um nicht mit ins Bild zu geraten, trübt das die Freude am Bahnfahren nicht gerade unerheblich. Wenn dann die telefonierende Person, ein hübsches Mädchen eigentlich, während des Gesprächs einhändig einen Döner verzehrt und dabei vollmundig artikuliert - dann fehlt nicht mehr viel, bis die Grenzen des Erträglichen erreicht sind. Wenn die Konversation dann noch in einer Sprache stattfindet, die einem so fern und fremd ist, wie das Land, in dem sie ursprünglich gesprochen wird und man aus welchem Grund auch immer immer noch nicht den Platz wechseln kann - dann wird es höchste Zeit für beinharte Gegenmaßnahmen. 

Ich griff zu meinen Kopfhörern. Musik: Hannes Wader, Noch hier - Was ich noch singen wollte, sein aktuelles Album aus 2022. Erster Titel: Um eine bessre Welt zu schaffen. Die Bilanz des „roten Hannes“ zur Musik von Mikis Theodorakis. Und plötzlich wusste ich endlich, wozu ich auf der Welt bin: Den Traum vom Frieden meinen Kindern einzupflanzen, sie die Sehnsucht nach einer besseren Welt zu lehren und nicht zuletzt die Liebe zu ihren Mitgeschöpfen, wie zu sich selbst - nicht mehr, aber auch nicht weniger muss ich in diesem Leben noch erledigen.  Und wie könnte einer wie ich diesem Auftrag besser gerecht werden, als diese Lieder zu singen: Der Rattenfänger, Nein, meine Söhne geb ich nicht, Traum vom Frieden, Es ist an der Zeit, Dos Kelbel, Ermutigung (Du lass dich nicht verhärten), Sag mir, wo die Blumen sind, Zogen einst fünf wilde Schwäne, Schon so lang, Was keiner wagt, Die Moorsoldaten, Ob wir rote, gelbe Kragen (Bürgerlied), Blowing in the wind, Heute hier, morgen dort…

Und so soll das Lied, das ich in der Eisenbahn in meinen Kopfhörern hörte, dein Willkommenslied werden, mein liebes jüngstes Kind: mit dem Text von Hannes, dem mutigen Liedersänger aus Bielefeld und der Musik von Mikis, dem großen Freiheitshelden aus Chania. Möge es dir Hoffnung geben und den Glauben, dass nichts vergebens ist. 

Um eine bessere Welt zu schaffen
Zogen wir einst zum Kampf hinaus
Furchtlos, tollkühn und ohne Waffen
Geschlagen zogen wir nach Haus

Wir mussten uns der Welt ergeben
Die uns, als unser Plan misslang
Die Träume stahl und unser Leben
Kraft ihrer Macht zu ändern zwang

Scheint auch dеr Kampf für uns verloren
Und auch die Wеlt kein bess’rer Ort
Leben in denen, die uns nachgeboren
Und jung sind, unsre Träume fort
(Hannes Wader)

Bildnachweis: Ulf × DALL·E Human & AI

Veröffentlicht in Elternzeit am 25.02.2023 6:00 Uhr.

Zwei Pfiffe

Wenn sich nach vierzig bequemen Wochen auf einmal alles verändern soll, braucht es schon eine ansprechende Einladung, damit man sich auf den Weg macht. 


Von Sorgen zerfressen und frierend liegen wir in der zugigen Mansarde. Der Wind bläst die teure Gaswärme durch die löchrigen Wände und an die undichten Fenster trommelt der Regen. In so eine Situation hinein will kein Baby geboren werden, auch unseres nicht. Es liegt noch fest vertäut vor Anker und denkt nicht daran, den sicheren Hafen zu verlassen. Verdenken kann man es ihm nicht und ich weiß nicht sicher zu sagen, ob sich der beschwerliche Weg auch lohnt auf den es sich nun endlich machen soll. Möglicherweise lässt es sich auch ganz gut leben, ohne sich am Ende durch den engen Schlauch zu zwängen und sich mit der Welt, deren Teil man bis dato war, nun als der Mutter konfrontiert zu sehen. 

Aber möglicherweise sind wir ja alle Ungeborene, die sich noch nicht auf den Weg gemacht haben. Ja, vielleicht steht uns der enge Schlauch noch bevor, hinter dem die Welt auf uns wartet und wo alle, die uns schon vorausgegangen sind, ohne Zeit und ewig leben. Wer von uns wollte auf dieses ‚Vielleicht‘ hin jetzt schon losgehen, bevor seine Zeit gekommen ist? Und wie sollte man das anstellen und wo geht’s überhaupt lang? 

Wie dem auch immer sei, eines lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen: Geboren werden und sterben sind kritische Lebensereignisse von erheblicher Tragweite. Keines davon sollte man überstürzt oder allein angehen oder gar übers Knie brechen und eine gründliche Vorbereitung ist die halbe Miete.  Inzwischen haben wir die Musik angemacht und tanzen. Davon wird uns warm und wir werden wieder fröhlich und immer fröhlicher. Wir tanzen und lachen und mit der wachsenden Fröhlichkeit schrumpfen die Sorgen und schließlich sind sie ganz und gar verschwunden. Und zwei Pfiffe geben Signal und Kommando an unser Baby: Klarmachen zum Anker lichten!

Bildnachweis: Ulf × DALL·E Human & AI

Veröffentlicht in Elternzeit am 19.02.2023 15:50 Uhr.

Schmutzige Tinte

Ist die Welt so verrückt, weil eine seelenlose KI ihre Geschichte schreibt? 


Man könnte meinen, die Welt ist verrückt geworden. Alle Macht scheint in den Händen von wahnsinnigen bösen Clowns zu liegen, die entschlossen sind, die Liebe und die Vernunft mit allen Mitteln zu bekämpfen und auszurotten. Dabei hatte doch alles so hoffnungsvoll begonnen: Kurz nachdem ich als Bausoldat aus der Nationalen Volksarmee der DDR entlassen worden war, hörte diese Armee auf zu existieren. Sie verschwand einfach und der letzte Verteidigungsminister war evangelischer Pastor und selbst Bausoldat gewesen. Die Sowjetunion, für uns das Original der „Diktatur des Proletariats“, ging unter und wir wurden Westen, für uns das Original der Freiheit und des Wohlstandes. Und jetzt? Was ist passiert, dass Licht und Wärme sich mehr und mehr in Kälte und Dunkelheit verwandeln? Als wäre über einem wunderschönen und farbenfrohen Sommerbild ein Tintenfass umgekippt, dessen Inhalt nun erst langsam und dann immer schneller über das Bild läuft und alles verdirbt und bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. 

Wie wäre es, wenn die Welt nun so etwas ist wie die Summe der Geschichten, die sie sich sozusagen selbst erzählt. Alles, was erzählt und aufgeschrieben wurde, ergibt ihr Bild, alle Bücher, alle Fotografien, alle Lieder und alle Filme. Was die Menschen sich heute erzählen, wird morgen zu ihrer Wirklichkeit. Und was wäre, wenn es nun aber eine seelenlose Künstliche Intelligenz ist, die unsere Geschichten schreibt? Die in der Lage ist, an einem Tag so viele Geschichten zu schreiben, wie alle menschlichen Geschichtenschreiber zusammen in einem Jahr? Dann würde sich die schmutzige Tinte ausbreiten. Erst langsam und dann immer schneller. Und die Welt, wie wir sie kannten würde sich in eine Welt voller Angst und Schrecken verwandeln, in der es keine Freiheit und keine Hoffnung gäbe.

Das wäre schlimm. Aber zum Glück ist es ja nicht so. Denn wenn die Welt die Summe von irgendetwas ist, dann die Summe unserer Entscheidungen und unseres Handelns. Wir können uns entscheiden, nicht zu hassen und wir können uns entscheiden, keine Waffe in die Hand zu nehmen. Darüber müssen wir dann freilich auch reden und unseren Kindern davon erzählen. Das sollen die Geschichten sein, mit denen meine Kinder aufwachsen und wenn sie dann ihr Herz erreichen können, bilden sie einen lebenslangen Schutz vor der schmutzigen, dunklen Tinte. Und die Hoffnung wird sie nie verlassen. 

Bildnachweis: Ulf × DALL·E Human & AI

Veröffentlicht in Elternzeit, Weltgeschichte  am 04.02.2023 5:00 Uhr.

War was?

"Wenn wir träumen betreten wir eine Welt, die ganz und gar uns gehört."

Albus Dumbledore in "Harry Potter und der Gefangene von Askaban"


Ulf × DALL·E Human & AI
Während ich neben dem einschlafenden Kinde wache, denke ich so ein bisschen vor mich hin und über den Schlaf als solches nach: Der Schlaf ist ein unverzichtbarer Teil des Lebens aller Lebewesen. Es ist eine Zeit, in der der Körper und das Gehirn sich erholen und regenerieren können. Tieren dient der Schlaf dazu, Energie zu sparen und sich vor Feinden zu schützen. Es gibt allerdings große Unterschiede im Schlafverhalten zwischen verschiedenen Tierarten. Während manche Tiere wie Wale und Delfine manchmal nur 90 Minuten pro Nacht schlafen, verschlafen andere Tiere wie Hunde  fast den ganzen Tag. Es soll auch Tiere geben, die keinen Schlaf benötigen, wie zum Beispiel Insekten. Die Fliegen im Kinderzimmer schlafen also gar nicht. Pflanzen haben kein Gehirn, das sich erholen müsste und es ist unwahrscheinlich, dass sie überhaupt schlafen können.

Kleinkinder benötigen im Vergleich zu Erwachsenen deutlich mehr Schlaf. Während des Schlafes laufen bei ihnen biochemische Prozesse ab, die das Wachstum und die Entwicklung des Gehirns und des Körpers unterstützen. Unser Kind weiß das aber besser und entscheidet sich im Kindergarten regelmäßig gegen das Schlafen. Er liegt dann zwei Stunden auf seiner Pritsche und treibt die Erzieherinnern in die Verzweiflung, weil er im Flüsterton Gedichte rezitiert oder einfach nur lustige Geräusche macht. Offenbar versuchen sie dann, ihn mit geräuschdämmenden Materialien abzudecken, damit er die schlafenden Kinder nicht stört. Jedenfalls spielt er es uns zu Hause so vor, wenn er Erzieherin spielt und ich er bin.  Mein Kind träumt jetzt und ruft „Nein, nein, nicht ins Bett, NICHT INS BETT!“ Träume können bei Kleinkindern dazu beitragen, Erfahrungen und Emotionen zu verarbeiten. Wenn ein Kind zu wenig Schlaf bekommt, kann es zu Problemen bei der Konzentration, dem Gedächtnis und dem Verhalten kommen. 

Als mir gerade klar wird, dass ich als Kind definitiv zu wenig geschlafen haben muss, wacht mein Kind wieder auf und will mit mir weiter Kindergarten spielen. Ich soll mich aufs Töpfchen setzen und mir anschließend die Hände waschen. Ich rufe „Nein, nein, nicht aufs Töpfchen, NICHT AUFS TÖPFCHEN!!“ Davon wache ich auf. Ich rappele mich auf und schleiche mich aus dem Zimmer. Meine schöne und hochschwangere Frau sitzt lächelnd im Wohnzimmer und fragt „War was?“ Und ich sage „Nein. Was soll schon sein, was soll schon sein?!“

Veröffentlicht in Elternzeit am 30.01.2023 5:00 Uhr.

Häähh??

Die Gedankenwelt eines kleinen Kindes ist für uns ein großes Geheimnis, weil es noch nicht darüber sprechen kann. Aber wenn es das kann, hört diese Welt auf, zu existieren. 


In unserem kleinen Erziehungsratgeber wollen wir uns heute wieder mit einer wichtigen Erziehungsfrage befassen. Eine Frage, die wie viele Erziehungsfragen einen Keil zwischen die erziehungsberechtigten Eltern treiben kann. Der eine sagt so, die andere so. Wie soll man es aber dann machen? Die Entscheidung trifft oft genug das Kind, obwohl es dazu ja noch gar nicht in der Lage ist. Das führt zu neuen Problemen, die wieder eine Antwort erfordern und so geht es weiter, bis sich das Kind am Ende selbst erzogen hat (obwohl es das ja gar nicht kann) und die Beziehung der Eltern zerrüttet ist. Die Frage, um die es heute also gehen soll, lautet: Wie umgehen mit kindlicher Schwerhörigkeit? Ein Praxisbeispiel zur Verdeutlichung: Man sagt etwas wie „Heute scheint die Sonne aber schön.“ und das Kind antwortet: „Häähh??“ und schaut einen auch entsprechend an. Soll man den Satz jetzt wiederholen oder nicht? Und wenn nicht, wie soll man die Interaktion dann fortsetzen? 

Zunächst müssen wir die Frage bemühen, ob es sich bei dieser neuen Angewohnheit unseres kleinen Schützlings vielleicht um eine neue Phase handelt. Eine Phase, die wie die sogenannte „Trotzphase“, die ihrerseits die Wachstumsphase abgelöst hat, eine vorangegangene Phase ablöst und bis zu ihrer eigenen Ablösung durch eine nachfolgende Phase als sehr wichtige „Häähh-Phase“ ihre unbedingte Berechtigung hat und jedenfalls ausgelebt werden muss. Noch ist nicht hinreichend erforscht, ob Menschen ohne ausgelebte Häähh-Phase vielleicht eher dazu neigen, Kriege vom Zaun zu brechen und Waffenlieferungen zuzustimmen. 

Wie dem auch sei, irgendwie muss man ja reagieren. Ich rate dazu, nicht zu wiederholen. „Aber wenn er es nicht verstanden hat?“ könnte man einwenden. Ich würde sagen, es kommt darauf an, warum er es nicht verstanden hat. Wenn ich den Mund voll hatte, oder aus einem anderem Grund undeutlich gesprochen habe, sollte ich natürlich wiederholen. Andernfalls führt eine Wiederholung auch nicht zu mehr Verständnis. „Häähh??“ ist dann einfach nur eine ehrliche Rückmeldung. Man kann dann versuchen, das Gesagte noch einmal anders zu formulieren oder später wieder darauf zurückkommen, wenn es so wichtig war. Wo immer das Kind mit seinen Gedanken gerade ist, es ist sicher nicht das, worüber ich gerade zu ihm sprechen will. Und das ist doch sein gutes Recht. Häähh??

Veröffentlicht in Elternzeit am 30.12.2022 12:55 Uhr.

Eine andere Geschichte

Elternzeit und Advent gehören zusammen, wie Öffentlicher Nahverkehr und Weihnachten. 


Während wir uns, was das Weihnachtsfest betrifft, nun auf der Zielgeraden befinden, geht unsere persönliche Adventszeit, soweit sie die Geburt eines Kindes betrifft, noch gut einen Monat länger. Nachdem ich diesen Satz nun ungefähr fünfundvierzig Minuten lang betrachtet habe, komme ich zu dem Schluss, dass ihm eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist. Es ist schon schade, wenn einem die Fähigkeit zur Plauderei so abgeht. Man könnte doch seitenlang über das Weihnachtsfest schreiben: wie es früher war, was daraus geworden ist, welche Erinnerungen man damit verbindet. Dazu will mir aber partout nichts einfallen, außer, dass es zum Weihnachtsfest natürlich immer einen entsprechenden Baum gab. Die einzig von mir geliebte Frau hat jetzt einen gekauft, ein Bäumchen im Topf, er läge noch im Auto. Auf Grund ihres Zustandes hätte ihr der Verkäufer beim Einladen geholfen. Er hätte einen Wagen gehabt. Ich versprach, das Bäumchen auszuladen und erstmal in den Garten zu stellen. 

Was ich nicht wusste: der Topf, eher ein Eimer, war mit Zement ausgegossen worden, bevor man das arme Bäumchen hineingesetzt hat. Es grenzt an ein Wunder, dass die Hinterachse durchgehalten hat. Ich hatte keinen Wagen und musste das Trumm mit dem Gewicht einer Waschmaschine irgendwie aus dem Auto hieven. Mit Hilfe der Schwerkraft ist das letztlich gelungen, aber es scheint doch eher unwahrscheinlich, dass ich das Ungetüm über die schmale Bodentreppe in unsere Dachwohnung verbringe. Zumal wir Weihnachten gar nicht zu Hause sind. Unser Kind will unbedingt einen Weihnachtsbaum schmücken und das können wir auch im Garten machen. Draußen bleibt der Baum auch länger frisch und wir haben nicht das Problem mit den Nadeln. 

Zum Weihnachtsfest gehören natürlich auch Geschenke und dazu fällt mir ein, dass ich meine neuen Handschuhe und meine Mütze im Bus liegen gelassen habe. Es ist nicht ganz einfach, sich in einen vollen Bus zu drängeln und Brille, Mütze und Handschuhe einerseits und Telefon, Maske und Fahrkarte andererseits zu koordinieren. Wenn man dann einen Sitzplatz findet, legt man schon mal was aus der Hand. Ich kann froh sein, dass es nicht die Brille oder das Telefon war. Auch erlauben es die Temperaturen zurzeit ohne Mütze und Handschuhe unterwegs zu sein. Aber die Temperaturen können sich schnell wieder ändern. Also muss ich vor Weihnachten nochmal ins Fundbüro. Aber das wird eine andere Geschichte.

Veröffentlicht in Elternzeit, ÖPNV am 22.12.2022 9:32 Uhr.

Die Quadratur des Kreises

Die richtige Antwort auf die Frage "Warum muss..." lautet immer: "Kein Mensch muss müssen." Das kann man sich an den Spiegel stecken. Muss man aber nicht. 


Ich war also beim Chef, bei dem, mit dem ich den Vertrag habe. Es gibt schließlich immer irgendwelche Möglichkeiten, die unbeschadet aller Vertragstreue ausgeschöpft werden wollen. In meinem Fall ist das mein Anspruch auf Elternzeit. Die möchte ich dann ab Geburt des zweiten Kindes schon mal in Anspruch nehmen. Wenigstens für einen Monat. Angesagt habe ich sicherheitshalber erst mal zwei Monate. Der Chef begann daraufhin auf seinem Blatt mit viel Schwung ein Parallelogramm zu zeichnen. Dann legte er mit noch mehr Schwung eine grobe Schraffur darüber. Der Gesichtsausdruck und die ganze Körpersprache ließen darauf schließen, dass er Mühe hatte, seine Freude über meine frohmachende Mitteilung zu verbergen. Er konnte es einfach nicht zeigen. Es könnte allerdings auch sein, dass er sich überhaupt nicht gefreut hat. Körpersprache wird ja oft überbewertet. 

Wie dem auch sei, die Tage, an denen der Papi zur Arbeit fahren muss, sind erstmal wieder gezählt. Wir werden uns in den ersten Februartagen einschneien lassen und wenn die Zeit gekommen ist, bringt die Eisbärenmutter ihr zweites Kind zur Welt. Dann bleiben wir unter der dicken Schneedecke zu viert in unserer gemütlichen Höhle, bis der Frühling wieder ins Erzgebirge kommt, der Schnee taut und wir eine kleine Familie geworden sind, die ein bisschen größer geworden ist. Eisbärenväter dürfen ja eigentlich nicht mit in die Eisbärenhöhle. Sie müssen bei Wind und Wetter draußen bleiben, irren allein umher und fristen ein trostloses Dasein.  Aber glücklicherweise sind wir keine Eisbären und auch keine Pinguine. Warum sollen wir also nicht einfach zusammen bleiben?

Ob meine Vaterpflichten dann überhaupt noch eine Rückkehr ins Berufsleben erlauben, wird sich zeigen müssen.  Wer erinnert sich noch an die Geschichte, in der mir der Traps unter der Spüle abgegangen ist? Das war während meiner Elternzeit und brachte mich seinerzeit an den Rand der Verzweiflung. Meiner Frau ist jetzt genau das Gleiche wieder passiert! („Was für ein seltsames Geräusch!“) Für solche Katastrophen muss ein Mann im Haus sein, der sofort mit Lappen und Eimer, Taschenlampe, Hanf oder Abdichtband Abhilfe schaffen kann. Das bespreche ich aber jetzt noch nicht mit dem Chef. Vielleicht versucht er sonst einen Kreis zu zeichnen und eine Quadratur darüber zu legen. 

Veröffentlicht in Elternzeit, Arbeit am 26.11.2022 19:35 Uhr.

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